V. - Die faszinierende Welt der alten Apfelsorten

Das Auffinden und Sichern alter Obstsorten

Ein Vortrag von Horst Friedrich (Landessprecher des Pomologen-Vereins Mecklenburg-Vorpommern) im Rahmen des Workshops „Erhalt, Entwicklung und Pflege von Streuobstbeständen in MV“ am 3. Dezember 2009 in Rostock-Hinrichsdorf.

Wann gilt eine Apfelsorte als alt?

Als alte Sorte gilt eine Apfelsorte, die bereits vor mindestens 100 Jahren bekannt war. Beispiele hierfür sind:

  • Damason-Renette (1628)

  • Drüwken (1669)

  • Geflammter Kardinal (1801)

Doch warum sind viele dieser alten Sorten heute verschwunden? Einst gab es Hunderte von Apfelsorten, die je nach Region unterschiedlich verbreitet waren. Manche Sorten, wie der Halberstädter Jungfernapfel, blieben lokal, während andere, wie der Dülmener Rosenapfel, überregional bekannt wurden.

Rückgang der Sortenvielfalt

Die Reduzierung der Apfelsorten begann mit der zunehmenden Kommerzialisierung des Obstanbaus. Ein rationeller Erwerbsobstbau setzte auf eine begrenzte Anzahl bewährter Sorten. Bereits 1853 wurde in Naumburg vorgeschlagen, für den professionellen Anbau nur zehn Apfelsorten zu verwenden. Später wurde dieses sogenannte „Reichssortiment“ auf 50 Sorten erweitert. Dennoch hielten pomologische Institute große Sammlungen vor. So waren 1910 in Proskau noch 755 Apfelsorten dokumentiert.

Mit der fortschreitenden Industrialisierung des Obstanbaus und großflächigen Rodungen im 20. Jahrhundert nahm die Vielfalt rapide ab. Viele alte Sorten sind heute nur noch aus historischen Dokumenten oder mündlichen Überlieferungen bekannt.

Bedeutung und Erhaltung alter Sorten

Alte Apfelsorten sind aus mehreren Gründen von unschätzbarem Wert:

  • Genetische Vielfalt: Sie bieten eine breite genetische Basis, die für künftige Züchtungen entscheidend ist.

  • Widerstandsfähigkeit: Viele alte Sorten sind robuster gegenüber Krankheiten und klimatischen Veränderungen.

  • Geschmacksvielfalt: Sie besitzen eine Aromenvielfalt, die moderne Standardsorten kaum noch erreichen.

Wer setzt sich für die Erhaltung alter Apfelsorten ein?

Verschiedene Institutionen und Initiativen engagieren sich aktiv für den Erhalt historischer Apfelsorten, darunter:

  • Die Genbank in Dresden-Pillnitz (mit über 900 Apfelsorten)

  • Die Sortenerhaltungszentrale Ravensburg

  • Das Boomgarden-Projekt in Großwörden

  • Regionale Streuobstwiesen-Projekte

Wie findet man alte Apfelsorten?

Drei Wege führen zum Erfolg:

  1. Bestimmungsveranstaltungen: Interessierte bringen Früchte zu Apfeltagen und Pomologen analysieren sie.

  2. Öffentliche Aufrufe: Baumbesitzer werden gebeten, Sortenmeldungen einzureichen.

  3. Eigenständige Suche: Pomologen erkunden alte Gärten, Streuobstwiesen und Alleen auf der Suche nach unbekannten Sorten.

Ein besonderes Beispiel ist die Wiederentdeckung von Müschens Rosenapfel, einer lange verschollen geglaubten Sorte. Durch akribische Nachforschungen wurde sie in Mecklenburg-Vorpommern wiedergefunden und vermehrt.

Fazit: Jeder kann zur Erhaltung alter Apfelsorten beitragen!

Die Bewahrung alter Apfelsorten ist ein wichtiger Beitrag zur Artenvielfalt, Geschmacksvielfalt und Nachhaltigkeit. Jeder kann mithelfen – sei es durch das Pflanzen alter Sorten, die Unterstützung von Erhaltungsinitiativen oder das bewusste Genießen traditioneller Apfelsorten. 🍏

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IV. - Warum alte Apfelsorten so wertvoll sind